Nachdem ich einige alte Acorn-Rechner aus der RISC OS-Frühzeit mein Eigen nenne – vom A310 über den A3000 bis zum A5000 – interessiere ich mich auch für aktuelle Projekte rund um die Retro-Schätzchen. Vor allem die Verbindung der alten Welt mit aktueller Hardware interessiert mich immer – ich bin weniger der Typ für “100% Retro”, sondern will einfach rund laufende Hardware betreiben – ob es Ende der 80er schon Flash-Speicher oder optische Mäuse gab, ist mir eigentlich wurscht, zumal die Originalhardware inzwischen empfindlich teuer ist. Zentrale Informationsstelle ist für solche Projekte das Stardot-Forum Abteilung 32bit. Ich will einige davon kurz vorstellen.
Wie bekannt sein dürfte, ist das Thema “Massenspeicher” ein ständiges Ärgernis. Frühe Rechner wie der A310 oder der A3000 und auch der weit verbreitete A3010 hatten weder das damals noch verbreitete MFM/ST506 an Bord (das gab’s nur in der A4xx-Familie) noch das brandneue IDE und auch nicht die damals gängige Profi-Variante SCSI. Und die späteren Rechner mit IDE on board bis inklusive RiscPC und A7000(+) scheitern häufig an mangelhafter Kompatibilität mit heute wünschenswerten Lösungen wie SD-Cards im IDE-Adapter. Also braucht man ein IDE- oder SCSI-(Mini-)Podule. Nun sind die aber gebraucht eher rar und teuer, und im Falle von SCSI wird es durch das dann sinnvollerweise benötigte SCSI2SD noch teurer.
IanS aus dem Stardot-Forum hat deshalb ein einfaches IDE-Interface gebaut (nach dem Vorbild der alten ICS-ideA-Podules von Ian Copestake) und bietet regelmäßig sowohl Standard-Podules (alle A-Rechner außer A3010, A3020 und A4000) als auch Mini-Podules (A3000, A3010, A3020, A4000) oft inklusive IDE-Flash-Modul an. Als Software kommt John Kortinks ZIDEFS zum Einsatz, das insgesamt bezüglich Laufwerkskompatibilität und Features einen guten Ruf hat. CJE Micro’s bietet die Dinger auch an, allerdings zu den üblichen Mondpreisen.
In die gleiche Kerbe schlägt das Projekt von Dave Hitchins (daveejhitchins im Stardot-Forum), der die alten IDE-Podules von Baildon Electronics (Dave Prosser und Dave Hitchins, verkauft als Arcin und Blitz von APDL sowie als Awesome von MicroDigital) erneut in Kleinserie bauen (lassen) will. “Baildon Electronics IDE Interfaces – Replication” heißt der Thread auf Stardot zum 16bit-Podule (Arcin), und hier der Nachfolgethread zum Arcin32/Blitz/Awesome. Beide Projekte scheinen kurz vor der Fertigstellung zu sein.
Ein ambitioniertes Projekt von Stardot-User myelin hört auf den Namen “Arcflash” – hier der Thread, hier die Hardware und Software auf GitHub. Dahinter verbirgt sich eine Flash-ROM-Lösung für alle Acorn-Rechner vom A310 bis zum Risc PC. Was sich einfacher anhört als es ist, weil die Konfiguration und Position der ROM-Chips eher uneinheitlich sind – zwei oder vier Chips, unterschiedliche Sockelabstände – schwer, da eine universelle Lösung zu finden. Außerdem soll es ja “in situ” neu flashbar sein, und man will einen eigenen Bootloader haben, um beim Booten auswählen zu können, welche RISC OS-Variante man denn haben will. Bisheriger Stand: das Flashen soll über USB funktionieren, 16 MiB Flash-ROM sollen aufs Board, und der Bootloader ist wohl auch schon recht weit fortgeschritten. Zusätzlich wird experimentiert, welche Acorn-Rechner (außer Risc PC und A7000, die das von Haus aus beherrschen) mit 4 MiB ROM statt den üblichen 2 MiB umgehen können, ggf. mit einem kleinen “Patch” des Mainboards. Das Projekt scheint kurz vor der Fertigstellung zu sein.
Sowohl für RiscPC/A7000 als auch für die alten Archimedes-Kisten ist Arcflash hochinteressant. Ironischerweise hilft es auch gegen das Massenspeicherproblem, weil damit sehr einfach ein gepatchtes ADFS ins ROM könnte, das die Kompatibilität zu IDE-Geräten drastisch verbessert. Und bei den alten Rechnern kann man problemlos zwischen Arthur, RISC OS 2 und RISC OS 3.1 umschalten, sowie gegebenenfalls ein aktualisiertes RISC OS 3.2 bauen mit Wünsch-Dir-Was-Komponenten wie Nested WIMP, Toolbox-Modulen und TCPIP-Stack nebst Netzwerkkartentreiber – alles das, was beim Softload auf den Rechnern mit typischerweise maximal 4 MiB RAM richtig schmerzt. Allerdings ist es traditionell eher schwierig, ein funktionierendes ROM-Image zu bauen, umso wichtiger wäre eine Hardware, die in den eher empfindlichen Sockeln verbleiben kann während man am Entwickeln ist.
Und noch ein Projekt: eins der üblichen Probleme für alle Rechner vor dem A7000 ist das Mausproblem, vor dem Risc PC auch das Maus- und Tastaturproblem. Denn vor PS/2 gab es Acorn-proprietär (Tastatur) und Busmaus (eher selten im Rest der IT-Welt). Wäre es nicht super, wenn man – ohne absurde Mengen Geld in ein USB-Podule zu stecken oder einen der seltenen und teuren PS/2-Adapter zu ergattern – einfach so eine x-beliebige USB-Maus anschließen könnte? Genau das will Stardot-User cmj6502 per Podule lösen. Scheint aber eher noch in einem frühen Stadium zu stecken – Hardware steht, aber die Software noch nicht.
Zuletzt noch ein interessantes Projekt für die Hardware-Reparier-Front: zu Acorn-Zeiten gab es ein wirklich seltenes Stück Hardware namens “POST box”. Standardmäßig haben die Acorn-Rechner einen Selbsttest, und wenn der fehlschlägt, blinkt die Floppy-Lampe ein Binärmuster um den Zustand dieses Selbsttests zu signalisieren. Es werden aber viel mehr Informationen während des Selbsttests vor dem eigentlichen Bootprozess generiert, und eben diese sind über den POST-Port verfügbar. Es sind Bemühungen im Gange, diese POST Box nun nachzubauen auf Basis eines kleinen preiswerten Microcontroller-Boards. Hier das zugehörige Projekt auf GitHub.
Wie man sieht: die Retro-Szene ist auch im RISC OS-Bereich aktiver denn je. Es bleibt spannend.