November 2021

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RISC OS 5 User Guide endlich als PDF-Download

RISC OS Open Ltd. hat die lang erwartete Verfügbarkeit des “RISC OS 5 User Guide” als PDF-Download bekanntgegeben. Download über diese Seite, für die aktuelle Version passend zu RISC OS 5.28 tut auch dieser Direktlink.

Bisher wurde der freie PDF-Download durch ein Font-Lizenzproblem torpediert (die Lizenz erlaubte nur Publikation durch den Lizenznehmer selbst, also ROOL, und auch nur in Print, aber nicht Online), aber eine Spende von CJE Micro’s für ein Lizenzupgrade hat diese Problematik jetzt entschärft. Also los, rund 600 Seiten warten auf den geneigten Leser.

Auch physische Varianten, also in der Form “Dead Tree Publishing” sind erhältlich. In Post-Brexit-Zeiten dank des unseligen EU-Protektionismus nun mit einem erheblichen Europa-Aufschlag für die Kontinent-Bewohner behaftet.

Arculator v2.1

Knapp 2 Jahre nach dem Meilenstein Arculator v2.0 hat Sarah Walker vor knapp zwei Monaten die Verfügbarkeit von Arculator v2.1 verkündet. Download wie immer von hier.

Neuigkeiten gibt es aus dem bunten Sammelsurium an emulierten Podules. Neben neuen Varianten bei IDE-und SCSI-Podules gibt es nun auch die Möglichkeit, diverse damals beinahe unbezahlbare Erweiterungen wie das Aleph 1 PC-Podule oder die Computer Concepts Colour Card Gold oder ihr noch seltenerer Cousin State Machine G16 virtuell in seine Wunsch-Archie-Konfiguration aufzunehmen. Zusätzlich werden jetzt für die originalgetreue Emulation von A3000, A3010, A3020 und A4000 auch Mini-Podules emuliert, das Acorn AKF12 User Port/MIDI-Upgrade und zwei IDE-Mini-Podules stehen zur Auswahl. Diese eingeschränkte Auswahl spiegelt die Realität Anfang der 90er bei der zur Verfügung stehenden Hardware recht gut wider…

Wie schon im RPCEmu-Post erwähnt werden nun auch HFE-Floppy-Images unterstützt. Für Leute, die sowohl mit Emulatoren als auch mit realer Hardware arbeiten ein echter Gewinn, sofern man die HxC-/Gotek-/FlashFloppy-Hardware mit seinem Archimedes verheiratet bekommt.

Auch die Freunde der präzisen Emulation seltener Hardware kommen auf ihre Kosten. Nicht nur ist jetzt der A4 im Angebot (BatMan!), auch der A500, der Prototyp der Archimedes-Reihe mit einigen subtilen Unterschieden vom VIDC über den Floppy-Controller bis zur ST-506-Anbindung, wird nun originalgetreu emuliert. Apropos originalgetreu: ein Bug in der MEMC1-Emulation bezüglich des Timings wurde ebenfalls behoben.

Der Quellcode ist ja inzwischen zu GitHub umgezogen. Schaut man sich die Commits seit dem Release an, kann man schon erahnen, wohin die Reise geht bei v2.2. Podules, HFEv3, Bugfixes.

RPCEmu 0.9.4

[Update 2021-11-04 – s.u.]

Wie ich den Blog-Annalen entnehme, habe ich 0.9.3 irgendwie nicht be-/verbloggt…komisch. Also gleich auf zur brandneuen Version 0.9.4, deren Verfügbarkeit Matthew und Peter Howkins passend zur RISC OS London Show 2021 verkündet haben. Download von der bekannten Stelle, auch wieder verfügbar als “Easy Starter”-Bundle entweder mit RISC OS 5 im RISC OS Direct-Gewand oder zeitgenössisch als RISC OS 3.71-Bundle mit !Browse, !Java 1.0.2, Acorn Advance, Pipedream, Fireworkz und Star Fighter 3000. Also allem, was man damals so auf einem gut gepflegten StrongARM-Risc PC so hatte.

Eine funktionale Neuerung sticht heraus, beigesteuert von Sarah Walker (Ur-Autor von RPCEmu und Developer von Arculator): die Unterstützung für das HFE-Format, das Sarah auch im neuesten Arculator 2.1 unterstützt (Blog-Post zu Arculator folgt demnächst). Dieses Format stammt von den HxC-Floppy-Emulatoren, deren Billig-Abklatsch “Gotek” allüberall die überalterten Diskettenlaufwerke ersetzt, um komfortabel eine Hundertschaft Disketten platzsparend auf einer SD-Karte dem tendenziell festplattenlosen Host-Rechner zur Nutzung darzubieten. Das HFE-Format ist im Gegensatz zu den sektororientierten Formaten ADF und IMG ein streamorientiertes Format, das im Prinzip auf der Ebene der Magnetschicht der Diskette arbeitet und eine naturgetreue Emulation des Floppy-Controllers voraussetzt, dafür aber alle schmutzigen Kopierschutzvarianten aus der Hochzeit der 80er und 90er inkludieren kann.

Wie der detaillierten Änderungshistorie auf VCS-Ebene zu entnehmen ist, war die HFE-Erweiterung ziemlich grundlegend, inklusive FDC-Abstraktion. Das bereitet den Boden für kommende Erweiterungen zur direkten Nutzung anderer gängiger oder weniger gängiger Formate wie JFD, APD oder IPF. Sofern das außer mir noch jemand gerne hätte.

Ebenfalls eine erwähnenswerte funktionale Erweiterung ist die Unterstützung für Port-Forwarding beim seit Version 0.9.2 eingeführten, NAT-basierten “Easy Networking”. Damit können nun TCP/IP-basierte Server auf der Emulator-Seite betrieben werden wie Samba oder Moonfish.

Die restlichen Änderungen betreffen Low-Level-Details wie Bugfixes und Refactorings im Dynarec-JIT sowohl für x86 als auch x64. Der x64-Dynarec ist jetzt bezüglich der Intrincs auf dem selben Level der der x86-Dynarec angekommen. Der lästige Bug beim RISC OS 5-Shutdown/Restart gehört nun auch der Vergangenheit an. In der “kein VRAM”-Konfiguration stehen nun für die Freunde der A7000-Emulation bis zu 4 MiB für den VIDC20 zur Verfügung.

Nachgetragen (weil: s.o.) noch die Änderungen in 0.9.3: Unterstützung für die 360 KiB-Varianten von DOS- und Atari ST-Floppyimages (*.img). Bessere Separierung der CPU-Emulation nach ARMv3 und ARMv4 (also ARM610/710 vs. StrongARM). Erstmalige Verfügbarkeit der “Easy Starter”-Bundles.

Und das Wichtigste zum Schluss: man kann sich nun einfach bei den Entwicklern via BuyMeACoffee finanziell erkenntlich zeigen. Mögen die Spenden reichlich fließen.

[Update 2021-11-04]

Timothy Coltman hat direkt eine frische Version von RPCEmu 0.9.4 für MacOS X nachgelegt, zu finden zum Download auf GitHub als 0.9.4a. Die Interpreter-Version ist dabei ein “Universal Binary”, also auch für ARM64 aka “Apple Silicon” geeignet. Den Dynarec gibt es weiterhin nur für x86/x64.

R-Comp Pre-Show News

Nun sind wir dank meiner Lahmarschigkeit nicht mehr Pre-Show sondern Post-Show (“Show” im Sinne der RISC OS London Show 2021 am vergangenen Wochenende), aber ein paar Infos aus dem Premieren-R-Comp-YouTube-Video, das am vergangenen Donnerstag live gestreamed wurde, wollte ich noch notiert haben. Schön zu sehen, dass auch in den letzten Resten der kommerziellen RISC OS-Welt langsam die neuen Möglichkeiten zur Produktpräsentation genutzt werden.

Softwareseitig lag der Hauptfokus auf Fireworkz, von R-Comp in der Geschmacksrichtung “Fireworkz Pro” verkauft (ich hatte über die diversen Details schon 2015 gebloggt). Die Ex-Colton-Software wird neben seinem älteren Bruder Pipedream vom Originalentwickler Stuart Swales liebevoll gepflegt und ist inzwischen bei Version 2.31 angekommen. Das “Pro” in “Fireworkz Pro” ist der Datenbank-Teil dieses Softwarepakets, das man für nicht-RISC OS-ler vermutlich am besten als “Microsoft Works-Konkurrent” beschreiben könnte, für nur-RISC OS-ler konsequenterweise als “Acorn Advance-Konkurrent”. Textverarbeitung und Tabellenkalkulation sind eng integriert, und im “Pro”-Falle kommt noch ein Datenbankteil dazu, der von DataPower (ebenfalls inzwischen bei R-Comp) abstammt. Solche integrierten Pakete gab es in der IT-Steinzeit der späten 80er zuhauf, beispielsweise in der 8-Bit-Zeit als Mini-Office oder Star-Writer, zu DOS-Zeiten waren Lotus Symphony und StarOffice im Rennen, später wurden meist Einzelprogramme als “Office-Paket” zusammengefasst wie bei Lotus SmartSuite, WordPerfect Office oder auch den freien Produkten OpenOffice bzw. LibreOffice, die aus StarOffice hervorgegangen sind. Aber ich schweife ab.

Passend zu Fireworkz hat R-Comp in Zusammenarbeit mit Andrew Conroy, der die diverse Software aus der Feder des 2009 verstorbenen Paul Vigay pflegt, Webworkz wiederauferstehen lassen. Webworkz erlaubt die Erzeugung eines Standalone-HTML/CSS-Pakets, um Fireworkz-Dokumente möglichst einfach ins Web zu bringen. Sah jetzt auf den ersten Blick nicht so spektakulär aus, eben HTML-Export. Die Software stammt ursprünglich aus den Nullerjahren, war früher Shareware und wird jetzt zusammen mit Fireworkz Pro gebündelt. Wenn ich es richtig verstanden habe, soll aber auch eine freie Version publiziert werden, sobald Andrew Conroy die Zeit dazu findet.

Ein Update zu Messenger Pro 8 wurde ebenfalls verkündet, mir ist nur “hauptsächlich Bugfixes” im Ohr geblieben.

Die Hardware-Seite von R-Comp war für mich schon immer interessanter, und hier gibt es sowohl Fertiges als auch Ausblick zu berichten. Bereits bekannt sind der 4té – ein RPi 4 in einem interessant aussehenden Gehäuse mit einem durchaus interessanten Softwarepaket inklusive Trade-In-Möglichkeit, falls man schon einen RPi 4 besitzt – und der TIX Duet, eine “Zwei-Boards-in-einem-Gehäuse”-Maschine bestehend aus einem Titanium-Board und einem PC-Board nach Kundenwahl. Letzteren gibt es nicht von der Stange, er wird individuell nach Kundenwunsch zusammengebaut, und es wurde mehr als einmal betont, dass die Maschine je nach Ausstattung recht preisintensiv ausfallen kann. Kein Wunder, denn der Basispreis wird ja schon durch das Titanium-Board auf schlappe 500 UKP festgezimmert, und da ist noch kein Gehäuse und kein Netzteil und keine Montage dabei.

Die “+1”-oder “Plus One”-Cartridge ist eine kleine Erweiterungsbox für den Raspberry Pi 400, bestehend aus einem RTC-Modul (das neumodische Zeugs bezieht aktuelles Datum und aktuelle Uhrzeit ja immer aus dem Netz, was für Standalone-Betrieb nicht immer günstig ist) und einem kleinen Schalter, der ohne microSD-Karten-Tausch ein Umschalten zwischen zwei Betriebssystemen beim Booten ermöglicht. Der Name “+1” ist eine Reminiszenz an eine Acorn-Erweiterungsbox namens Acorn Plus 1 Expansion module für den Acorn Electron.

R-Comp zusammen mit Cloverleaf arbeitet schon länger an einer Portierung von RISC OS auf den Rockchip RK3399-SoC, der nicht nur auf zahlreichen SBCs verwendet wird, sondern vor allem im Pinebook Pro, dem Nachfolger des inzwischen nicht mehr produzierten Pinebook, das als “ARMBook” von R-Comp verkauft wurde und auf einem Allwinner-SoC basierte. Es gibt hier noch einige Probleme auszuräumen, bis die Rockchip-Portierung die Verkaufsreife erlangt. Besonders im Bereich USB gibt es Lücken (nur der USB2-Port funktioniert), und fehlende Treiber für den NVMe-Slot sowie das integrierte eMMC wurden genannt – wobei auch von microSD gebootet werden kann, so dass letzteres vermutlich kein Showstopper wäre.

Das Beste kommt zum Schluss, und so vermeldete R-Comp Fortschritte bei der Produktion ihres ITX-Boards für das Pi 4 Compute Module. Die Raspberry Pi Foundation verkauft den Pi bekanntlich in drei Geschmacksrichtungen: “Normal” wie die den meisten bekannten A(+)- und B(+)-Modelle, “Klein” wie die Zero-Modelle und “als Modul” wie die Compute Modules. Letztere sind eine Art Steckplatine oder neudeutsch Daughterboard, die nicht Standalone funktioniert, sondern eben als Modul auf ein Motherboard gesteckt wird. Standardmäßig gibt es da ein I/O-Board, das aber in Kombination mit dem Pi 4 CM wenig mehr bietet als ein Pi 4 oder Pi 400 – Full-Size HDMI, ein PCIe-Steckplatz und die unvermeidliche RTC. Die R-Comp-Variante soll hingegen die für unsereins wichtigen Features nachrüsten: S-ATA und ein Standard-Formfaktor des Boards, so dass es in Gehäuse “off the shelf” passt. Das gezeigte Bild des Boards hatte einen internen M.2-Konnektor (S-ATA only – NVMe wäre nochmals teurer, für RISC OS gibt es noch keine Treiber, und der Performancegewinn ist im RPi-CM-Umfeld fragwürdig) und 3 S-ATA-Sockets neben dem “üblichen” wie Power, USB und Ethernet sowie einem PCIe-x1-Slot. Bemerkenswert war noch, dass “Load”-Anschlüsse vorgesehen waren, um für zickige Netzteile ggf. zusätzliche Last zu erzeugen. Wer sich an die Probleme bei IYONIX und Titanium erinnert bei der Verwendung diverser ATX-Netzteile darf hier aufatmen. Naheliegender Performance-Engpass an dieser Stelle ist natürlich die eine verfügbare PCIe-Lane mit nominell 5 Gbps, aber für schnelles S-ATA und dazu noch USB3 sollte es für RISC OS-Zwecke dicke ausreichen.

Im Moment liegt das Produktionsdatum im November, und man darf auf den Preis gespannt sein. Pi 4 CM (die 4 GiB-RAM-Variante liegt schon bei 65€, und da man tendenziell ein Dual-OS-System will, ist für Linux eher die 8 GiB-RAM-Variante anzuraten, die in der WLAN+BT-Variante bei knapp 100€ liegt) und ITX-Motherboard zusammen werden wohl kaum preislich signifikant unter einem Titanium-Board liegen, wenn ich mal meine Laieneinschätzung zum Besten geben darf. Es ist nicht zu erwarten, dass R-Comp hier 1000er Stückzahlen produzieren lässt, und obwohl auch bestückte Boards in kleinen Stückzahlen inzwischen sehr preiswert in Fernost gefertigt werden können, werden allein die Spezialkomponenten wie der PCIe-Switch und die CM-Connectors den Materialpreis unangenehm in die Höhe treiben, insbesondere in der derzeitigen angespannten Chip-Situation.

Das Titanium-Board ist ja nun auch schon ein paar Jahre alt, und das dort verwendete TI-OMAP5-SoC ist vor allem videotechnisch inzwischen (und eigentlich auch schon damals) hinterm Mond und wurde performancetechnisch vom Pi 4 überholt, zumindest was CPU und Speicher angeht. Die Kombination ITX-Motherboard mit RPi 4 CM-Daughterboard könnte das nun auch bei der Plattenperformance schaffen, so dass ein schönes rundes System entstehen könnte. R-Comp hätte auch die Chance, dieses ITX-Board an der Linux-Front zu verkaufen, denn es gibt schlicht derzeit (noch?) nichts Vergleichbares auf dem Markt. Allerdings ist dieser Teil des Computer-Marktes eher preissensibel, so dass der Erfolg keineswegs sicher ist. Zumal dort die traditionellen R-Comp-Stärken “RISC OS-Support” und “RISC OS-Software-Bundle” keinen Mehrwert begründen. Und für die Linuxer gibt es natürlich an der ARM-Front deutlich mehr Alternativen zum Raspberry Pi. Wenn es für die neuen ARM-Macs mal ein schmerzfreies Linux gibt, werden diese Geräte allein aus Performancegründen die erste Wahl werden.

Jedenfalls könnte die Kombination ITX-Motherboard mit RPi 4 CM-Daughterboard auf längere Sicht die Spitze der RISC OS-kompatiblen ARM-32bit-Maschinen sein, und da hilft die garantierte Verfügbarkeit des RPi 4 CM bis 2028 sicherlich. Eine schöne Überbrückung hin zum langen beschwerlichen Weg von RISC OS in die 64bit-ARM-Welt.