RISC OS Remote per VNC

Wer mehrere Rechner betreibt, wird früher oder später mit dem Thema „Remote Desktop“ konfrontiert werden, also der Möglichkeit, auf einem Rechner den Desktop eines anderen Rechners im Netzwerk anzuzeigen. Einzige Ausnahme dürfe die Linux-Kommandozeilen-Fraktion sein, die mit einer ssh-Shell auskommt.

Prinzipiell gibt es drei Technologien, die Remote Desktop erlauben: RDP („Remote Desktop Protocol“) aus der Microsoft-Ecke, X Window System als grundsätzlich netzwerkfähiges Fenstersystem auf unixoiden Systemen und VMS sowie last but not least VNC („Virtual Network Computing“, Open Source seit 1998) als plattformübergreifende Lösung aus der Zeit, als man NCs für das nächste große Ding hielt. Die Historie und Details dieser Technologien soll hier nicht Thema sein, wer Lust hat kann da ein paar Stunden Wikipedia-Recherche betreiben.

Clients für die verschiedenen Technologien gibt es für RISC OS schon sehr lange – Avalanche von James Peacock ist der vermutlich beste VNC-Client gefolgt von ViNCe von Vincent Lefevre. VNCViewer von Leo White ist leider nicht 32bit-fähig, genauso wenig wie !VNC von Simon Truss. Für RDP ist der RDPClient von Andrew Sellors das Mittel der Wahl. Auch X-Server (ja, beim X Window System ist die Terminologie „Client“ und „Server“ durchaus erklärungsbedürftig…) gab es vereinzelt, eine ultrateure Kaufsoftware von Gnome (nein, nicht der GNU Object Model Environment-Desktop), etwas eher experimentelles von Vincent Sanders und schließlich RiscX von Leo White – allesamt älteren Datums und nicht 32bit-fähig.

Sehr viel dünner sieht es auf der Server-Seite aus. Anno 2002 gab es einen VNC-Server von Henrik Bjerregaard Pedersen (Autor von ProSound, StudioSound und CineWorks), der aber sehr experimentell und langsam war und den ich zudem nie richtig ans Laufen brachte. Dieser Server wurde inzwischen gründlich überarbeitet, zunächst von David Llewellyn-Jones und schließlich von Jeffrey Lee.

Und tatsächlich ist es mir mit der neuesten Version 0.13 von Jeffrey endlich gelungen, RISC OS einigermaßen vernünftig remote bedienbar zu machen, zunächst mal (damit es nicht an der Hardware scheitert) meinen ARMX6. Versuche mit Raspberry Pi (2) und PandaBoard ES werden folgen.

Was sind die Stolperfallen? Die Performance ist bescheiden, weil RISC OS keine vernünftige Schnittstelle hat, um Interessenten mitzuteilen, was sich denn auf dem Bildschirm geändert hat (Jeffrey Lee hat in diesem Thread im RISC OS Open-Forum angedeutet, dass er hier Verbesserungen anstrebt). Es wird letztlich immer direkt in den Framebuffer geblittet. Und so muss der VNC-Server den Framebuffer auf Änderungen scannen, was logischerweise nicht besonders effizient ist. Deshalb sollte man unterstützend eingreifen und einen Bildschirmmodus mit geringer Farbtiefe wählen (256 Farben bieten sich an). Der Redraw-Performance hilft es, wenn das Pinboard einfarbig ist, weil dann viel weniger Daten übertragen werden müssen.

Interessant ist, dass die verschiedenen VNC-Viewer, die ich unter Windows ausprobiert habe, ganz unterschiedlich gut mit dem RISC OS-VNC-Server harmonierten. TightVNC, den ich bisher für VNC unter Windows und Linux verwende, wollte überhaupt nichts darstellen, sondern stürzte direkt ab nach Eingabe des Passwortes. UltraVNC, normal meine zweite Wahl, verhielt sich sehr komisch bezüglich der Darstellung des Mauszeigers und hinterließ manchmal die schwarze Silhouette des Mauszeigers irgendwo auf dem Schirm. RealVNC, eigentlich das Original, ist inzwischen mehr oder weniger Kaufsoftware geworden – vor dem Download „darf“ man erst mal ein paar persönliche Daten eingeben, um dann herauszufinden, dass die Software „for time limited evaluation only“ ist. Als Alternativen habe ich jetzt TurboVNC und TigerVNC getestet, die beide sehr gut funktionieren, bei TurboVNC ist das Fullscreen-Handling aber deutlich besser. Also bekommt TurboVNC hier meine Empfehlung.

Ein Problem sind die drei Maustasten. Es ist mir nicht gelungen, einen Viewer so zu konfigurieren, dass er schlicht die drei Tasten meines Laptop-Touchpads durchreicht. Also braucht man Notlösungen. Ich habe dazu unter RISC OS 3rdButton von Thomas Milius installiert, in einer leicht gepatchten Form von Raik Fischer um nicht die Windows-Popup-Menü-Taste (die es auf meiner Laptop-Tastatur nicht gibt) sondern die rechte Strg-Taste als Menütaste umzukonfigurieren. Ich hatte kurz versucht, einfach auf die rechte Maustaste (aka „Adjust“) zu verzichten und im VNC-Server den Modus „zweite Maustaste ist die Menütaste“ über vncserv_swap_adjust_menu 1 zu aktivieren. Aber ich habe schlicht festgestellt, dass ich ständig die rechte Maustaste verwende, insbesondere bei der Navigation durch Filer-Fenster.

Insgesamt bin ich mit der Lösung jetzt recht zufrieden, sie scheint besser zu funktionieren als über einen PC mit RPCEmu oder Virtual-RPC in Verbindung mit VNC unter Windows – RDP ist hier keine Option, weil merkwürdigerweise beide Emulatoren darüber nicht funktionieren. So richtig Spaß macht die Bedienung von RISC OS über Remote noch nicht, aber da setze ich meine Hoffnungen auf Jeffrey.

Und wer das Mausbutton-Problem besser gelöst bekommt, mag mir bitte eine Mail schreiben!

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