Die gehackte Webpräsenz

Irgendwann zwischen Weihnachten und Neujahr ist es passiert – genauer ließ es sich nicht rekonstruieren. Meine Webpräsenz wurde gehackt. Alle vier WordPressInstallationen und die Drupal-Installation waren betroffen. Die dahinter liegenden Datenbanken waren Gott sei Dank sauber.

Wie äußerte sich der Hack? Einige Benutzer berichteten von Redirects auf Phishing-Seiten, die meisten waren aber nur von schlechterer Performance betroffen, weil in die HTML-Daten JavaScript injected wurde, das auf gewisse Fremdseiten zugriff, die unglaublich schlechte Antwortzeiten hatten. oil-hockey.ch und rardec.co.uk waren darunter. Das verzögerte den Aufbau der Webseiten erheblich.

Klassifiziert war das Problem als „JS:Injection-A“ (Avast) oder „Mass Injection Website 19“ (Symantec). Für mehr Details hier ein Link zu Symantec. Es dauerte nicht lange, bis die Webpräsenzen bei mindestens einem Dienst (Norton Safeweb) auf der Blacklist standen. Das zieht dann weitere Kreise – vor allem Firmen haben oftmals automatische Verfahren, um Zugriffe aus dem Intranet auf Seiten auf Blacklists zu unterbinden. Gott sei Dank gab es bei Norton Safeweb eine relativ unkomplizierte Möglichkeit, eine Reevaluierung des Zustands zu veranlassen.

Seit einer Woche ist nun wieder alles bereinigt – WordPress- und Drupal-Neuinstallation nebst zwei WordPress-Theme-Wechseln (die alten sind noch verseucht, die muss ich noch aufräumen) hat das Problem gelöst. Dazu natürlich die Routine-Dinge wie Wechseln aller Passwörter. Scheiss-Aufwand, aber man lernt ja was dabei (man soll ja alles positiv sehen).

Ich danke meinen aufmerksamen Blog-Lesern, die mich über das Problem informiert haben, weil ihre Sicherheitssoftware angesprungen ist. Wer seine Webpräsenz schnell online auf Malware checken will, dem sei der Online-Security-Scanner von Sucuri empfohlen.

Und was lernt man daraus? Früher war alles besser – da hätte man schnell ein paar alte Versionen der HTML-Dateien eingespielt und fertig wäre die Säuberungsaktion. In der heutigen Welt der CMS-Systeme mit ihrem üblen PHP-Verhau dauert eine Analyse viel länger. Und: nur weil eine Webpräsenz eine überschaubare Anzahl Besucher hat – man sollte also denken, dass so ein Hack ein wirklich schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis hat – heißt das nicht, dass nicht doch ein paar üble Gesellen Hand anlegen. Abgesehen davon ist es nie schlecht, regelmäßig Backups zu machen – ok, das ist eine IT-Binsenweisheit, das sollte man schon vorher gewusst haben.

MiST-Board Archimedes-Core Schnelltest

Seit einiger Zeit bin ich stolzer Besitzer des MiST-Boards (im alten Blog-Post kann man auch nachlesen, was es mit diesen FPGAs so auf sich hat). Vorrangiger Zweck ist die Befriedigung nostalgischer Sehnsüchte – Bomb Jack, Commando, Ikari Warriors und Barbarian auf dem Schneider CPC, IO und Armalyte auf dem Commodore 64. Dazu auch Ausflüge auf die 16bitter, die ich nie selbst besaß (Atari ST, Commodore Amiga). Da werden die Competition Pros angestöpselt und los geht’s.

Und weil auf dem MiST-Board eine Menge Exoten vertreten sind, gibt es auch einen Core für den Exoten schlechthin: den Acorn Archimedes, Urvater aller ARM- und RISC OS-Rechner. Ich hatte schon kurz darüber berichtet. Passend zum Exoten-Status ist es auch gar nicht so einfach, den Core erfolgreich ans Fliegen zu bekommen. Unter all den Cores, die ich ausprobiert habe (und das waren fast alle), ist es sogar am Schwierigsten, obwohl ich RISC OS-technisch auch was die alten Kisten angeht schon einen reichhaltigen Erfahrungsschatz habe.

Ein Problem: bootet man das MiST mit einem anderen Core und wechselt dann zum Archimedes-Core, funktioniert nach meiner Erfahrung gar nix. Es startet nicht. Man benötigt definitiv eine eigene SD-Karte mit dem Archimedes-Core als Default, und man muss manchmal das MiST-Board resetten damit der Archimedes-Core startet. Der Thread zum Archimedes-Core im Atari-Forum ist leider eingeschlafen, was nichts gutes heißt für die Weiterentwicklung. Ab und zu scheint das Video-Setup auch nicht korrekt zu sein und der Bildschirm flimmert unerträglich. Ein Shift+Ctrl+Break-Reset (warum der nur mit Shift geht? Keine Ahnung…) bringt das normalerweise wieder ins Lot. Also versuchen wir mal mit dem zu leben, was wir heute haben.

Was könnten die Gründe sein, überhaupt den Archimedes-Core betreiben zu wollen? Na klar, die klassischen Games wieder zu zocken. Anwendungssoftware ist etwas schwerer vorstellbar, da die Emulation einer Festplatte leider noch fehlt, und mit zwei Floppies wird es doch eher mühsam. Nicht unmöglich (ich habe einige Zeit mit einem A3000 mit nur einer Floppy gearbeitet – man muss halt gut organisiert sein, was die Disketten angeht, und bootet am besten so, dass die üblichen Module direkt im RAM landen, sonst wird die Diskette mit !System und !Fonts der beste Freund des Disc-Jockeys), aber mühsam. Wobei diese Erinnerung hauptsächlich durch RISC OS 2 geprägt ist, wo quasi jede Anwendung zusätzlich die SharedCLibrary laden musste nebst ColourTrans und FPEmulator. Und die Fonts waren natürlich auch disc-based. Das wurde mit RISC OS 3 Gott sei Dank anders, wo man allein mit den ROM-Inhalten schon relativ weit kam.

Also: Schwerpunkt Spiele. Aber auch bei Spielen braucht man natürlich das Betriebssystem, und das ist die erste Hürde. Ähnlich wie beim Amiga ist auch RISC OS – selbst in den ältesten Versionen – nicht für Emulationszwecke lizenzfrei nutzbar. Zwar gibt es Downloadquellen, aber wir wollen uns ja nicht außerhalb der Legalität bewegen. Gott sei Dank muss man nicht einen der alten, seltenen Acorn-Rechner kaufen und das ROM rippen, sondern kann direkt online shoppen bei RISCOS Ltd.. „Classic ROM Collection“ heißt das gute Stück und beinhaltet nahezu alles der prä-RISC OS 4-Ära: neben den Urgesteinen Arthur 0.30 und 1.20 (da diskutiert man noch, ob das schon den Namen „Betriebssystem“ verdient) und dem Exoten RISC OS 2.01 (die spezielle A540-Version) sind auch die Mainstream-Versionen RISC OS 2, RISC OS 3.10/3.11 und RISC OS 3.70/3.71 am Start. Für diese nahezu vollständige Sammlung – aus deutscher Sicht fehlt leider RISC OS 3.19, die deutsche Version von RISC OS 3.11 – sind die 10 UKP doch gut angelegt.

Und welche OS-Version hätten wir gerne? Die weitestgehende Kompatibilität bietet definitiv RISC OS 3.11. Nur ein paar ganz alte Schätzchen laufen nur unter RISC OS 2, und da fällt mir spontan doch überhaupt kein spielenswerter Kandidat ein. Also RISC OS 3.11.

Fehlt also noch die Software. Wer sich für die damals mitgelieferte Software interessiert, findet im Apps-Ordner die sich im ROM befindlichen Anwendungen wie Draw, Paint, Edit und Alarm. Dazu kann man in die Disketten Apps1, Apps2 und Support reinschnuppern, die als ZIP-Archiv bei der Classic ROM Collection mitgeliefert werden. ZIPs entpacken geht natürlich mit SparkPlug von David Pilling – aber wie auf die MiST-SD-Karte bringen? Zwei Möglichkeiten: entweder per Computer und Emulator auf ein Floppy-Image kopieren, oder ein fertiges Floppy-Image von Wockis Acorn-Site runterladen. Wer sich ernsthaft mit der klassischen RISC OS-Software beschäftigen will, wird nicht drumrumkommen, einen Weg zu etablieren, Downloads aus dem Internet auf Floppy-Images zu transferieren. Wenn ein gewöhnlicher Windows-PC am Start ist, bieten sich RPCEmu, RedSquirrel oder Arculator an. Linux-Freunde nehmen RPCEmu oder ArcEm. Wer in der glücklichen Lage ist, unter RISC OS zu arbeiten, dem ist A310Emu oder ArchiEmu zu empfehlen.

Lange Vorrede, aber wie sieht jetzt das Setup der SD-Karte aus? Simpel: aktuelle MiST-Firmware, Archimedes-Core r1028 als core.rbf und das RISC OS 3.11-ROM als riscos.rom ins Hauptverzeichnis, dazu die gewünschte Auswahl von Disc-Images im Format ADF – es empfiehlt sich hier, die Dateinamen kurz und knackig zu wählen, sonst werden sie im MiST-OSD schnell schwer zu lesen.

Empfehlenswerte Spiele – hier sind nur die „Originale“ aufgelistet, keine Umsetzungen von anderen Systemen, es sei denn die RISC OS-Version ist signifikant besser:

  • Zarch
  • Conqueror
  • E-Type
  • Chocks Away
  • Elite

Eigentlich empfehlenswert, aber der Core ist derzeit zu langsam:

  • Star Fighter 3000

Eigentlich empfehlenswert, ich hab’s aber nicht zum Laufen gebracht:

  • Spheres of Chaos
  • Cataclysm
  • Stunt Racer 2000

Gute Online-Quellen für Software – bitte Copyright beachten!

Zum Otter der QupZilla

Chris Gransden, Meister der tausend Portierungen, hat wieder zugeschlagen. Basierend auf der Qt5-Portierung von Lee Noar hat er einen weiteren Browser zum Laufen gebracht: QupZilla. Auch dieser basiert letztlich auf WebKit bzw. der Qt-Integration davon namens QtWebKit, genau wie der Otter-Browser.

Download der Testversion hier.

Allerdings wird QupZilla ab Version 2.0.0 auf QtWebEngine umsatteln, die auf Chromium basiert. Da wird eine RISC OS-Portierung deutlich herausfordernder aufgrund der asynchronen Multi-Prozess-Architektur von Chromium. Da wird es sinnvoller sein, die Optimierungsbemühungen in die Qt-Portierung zu stecken und ggf. die WebKit-Innereien zu separieren und ein echtes RISC OS-Frontend drumrum zu bauen.

JPEG-Bounty: Testversion verfügbar

RISCOS Open Ltd. hat die Verfügbarkeit einer neuen Testversion des SpriteExtend-Updates zur Verbesserung des JPEG-Supports verkündet. Die Entwicklung erfolgt im Rahmen des Bounties „Update JPEG support“.

Worum geht es? RISC OS unterstützt nativ seit Anbeginn der Zeit nur ein einziges Bitmap-Format: das hauseigene „Sprite“-Format. Also das Äquivalent zu BMPs unter Windows. Mit RISC OS 3.6 änderte sich das: JPEG wurde ab da ebenfalls unterstützt. Und zwar mittels „on-the-fly-decoding“, also nicht wie frühere Tools wie ImageFS(2) per einmaliger Umwandlung ins Sprite-Format. Das hat besonderen Charme, weil es den Speicherverbrauch niedrig hält – das JPEG bleibt halt als JPEG im Speicher, und wann immer ein Redraw verlangt wird, wird dieser Bildschirmausschnitt aus den Originaldaten bepixelt. Man kann diesen Effekt schön sehen, wenn man in Draw einmal das JPEG reinzieht und einmal das in ein Sprite konvertierte JPEG verwendet – am Speicherverbrauch von Draw erkennt man sofort den Unterschied. Und auch bei der Redraw-Geschwindigkeit – da ist die native JPEG-Variante naturgemäß im Nachteil.

Wie so vieles in RISC OS (man denke an den Netzwerk-Stack) ist auch der JPEG-Support in die Jahre gekommen. Der Code basiert auf Version 4 der Library der Independent JPEG Group von 1993, also Steinzeit. Die neueste Version 9b dieser Bibliothek wurde gestern veröffentlicht. Nun ist alt nicht gleich schlecht, aber in diesem Falle sind eben alle JPEG-Weiterentwicklungen an RISC OS spurlos vorüber gegangen, z.B. die Unterstützung für andere Farbräume als YUV (RGB, CMYK), die progressive Codierung anstatt der normalen linearen (häufig genutzt auf Webseiten, so kann man schon während des Herunterladens eines Bildes dieses in zunehmend besserer Qualität darstellen), Interlace-Codierung, die neue arithmetische Codierung zur Verbesserung der Kompressionsrate, die neue lossless-Kompressionsvariante, vergrößerte Farbräume.

Die veraltete Unterstützung sorgte so für seltsame Blüten bei der Anwendungssoftware. In den allermeisten Fällen wurde entweder zuerst die JPEG-Decodierung dem Betriebssystem überlassen, und wenn das Format inkompatibel war, wurde auf eine eigene Implementierung zurückgegriffen. Oder es wurde gleich eine neuere Version der Referenzimplementierung verwendet. Irgendwann sind dann JPEGs aufgetaucht, die die OS-Implementierung in eine Endlosschleife geschickt haben statt einen Fehler zu produzieren. Kurz: die OS-Implementierung wurde eher hinderlich als nützlich.

Höchste Zeit also für den Frühjahrsputz. Den ersten Aktivitätsnachweis gab es Ende November letzten Jahres, gestern nun das Update. Viele Ziele des Updates sind bereits erreicht: Unterstützung für die Progressive- und Interlace-Codierung, andere Farbräume von RGB bis CMYK, die Arithmetic-Codierung. Das bereitgestellte Modul ist „softloadable“ auf allen Maschinen ab ARMv4, also im Prinzip für alles ab Risc PC.

tl;dr: Neues SpriteExtend-Modul, viel besser als das alte. Runterladen und ausprobieren.

Übrigens: nach dem Update ist vor dem Update. JPEG XT, JPEP-LS, JPEG 2000, JPEG XR, JBIG…

Frohes Fest

Ich wünsche allen meinen Lesern – die sich allein deshalb glücklich schätzen können, weil sie zu einem ganz kleinen elitären Kreis gehören, noch kleiner als von RISC OS gewöhnt – ein Frohes Fest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Wir dürfen gespannt sein, was 2016 so bringt. Auf meinem Wunschzettel:

  • neues CDVDBurn-Release
  • Basis-Multicoreunterstützung in RISC OS
  • die Vervollständigung der 32bit-ung von Impression-X
  • Runderneuerung der Filesystem-Architektur in RISC OS (nicht nur dieses)
  • BeagleBoard-X15 mit RISC OS-Port

Leider werde ich maximal auf Punkt 1 Einfluss nehmen können, aber zumindest da tue ich mein Bestes.

Titanium-Board mit Cortex-A15 verfügbar

Das Titanium-Board von Elesar Ltd. ist nun im Shop verfügbar, komplett mit RISC OS 5.23. Ein Datenblatt ist auch verfügbar. 700€ sind kein Schnäppchen – ein IGEPv5 ist sicher deutlich preiswerter, aber da fängt dann das Gehäusegebastel wieder an – das Titanium-Board hingegen passt in jedes ATX-Gehäuse – nicht vergessen: das I/O-Shield dazubestellen.

Erste Benchmarks gibt es von Chris Hall. Sieht durch die Bank bereits sehr gut aus, fast durch die Bank schneller als der ARMX6. Chris Hall hat auch noch ein paar Worte zum System aufgeschrieben.

Das ROM (5.23, offiziell natürlich Beta) gibt es bei RISC OS Open Ltd zum Download, das Titanium-Board wird aber schon „ready to run“ mit RISC OS ausgeliefert.

Ich bin gespannt, ab wann das neue S-ATA-fähige ADFS im Source Tree auftaucht.

Fireworkz 2 veröffentlicht

Stuart Swales hat Fireworkz 2 zum freien Download veröffentlicht. Sowohl in der Geschmacksrichtung Windows als auch natürlich RISC OS. Hier kann man detailliert die Versionshistorie nachlesen.

Ursprünglich war Fireworkz als Triumvirat aus Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Datenbank angelegt, die sowohl einzeln (Wordz, Resultz und Recordz) als auch integriert (eben Fireworkz) verkauft werden sollten. In der Neuzeit splittet sich das nun in die freie Variante Fireworkz (Textverarbeitung und Tabellenkalkulation) und die kommerzielle Version Fireworkz Pro (R-Comp, 39 UKP, Textverarbeitung und Tabellenkalkulation zusätzlich mit DataPower als Datenbanksystem).

Wer nun allerdings versucht herauszufinden, inwieweit Fireworkz Pro sich von der kostenlosen Variante wirklich unterscheidet, und auf welche Art und Weise die Datenbank denn nun in das Gesamtsystem integriert ist, läuft gegen die bekannte R-Comp-Geheimniskrämerwand. In Form einer der schlechtesten Webpräsenzen aller Zeiten. Vermutlich am aussagekräftigsten ist noch das Announcement im Usenet von 2011. Es ist ein Trauerspiel.

Was ist nun neu in Fireworkz 2? Hauptaugenmerk lag auf der Implementierung vieler neuer Spreadsheet-Funktionen, um eine gescheite Kompatibilitätsbasis für ODF- und Excel-Im- und -Export zu haben. Erste zarte Versuche beim Unicode-Support sind ebenfalls zu verzeichnen. Der verbesserte RTF-Import ist wohl momentan der Pro-Version vorbehalten.

4 Mal Cortex-A15 für RISC OS

RISC OS Open Ltd. hat heute mit der Neuigkeit überrascht, dass eine bis dato (mir) unbekannte Firma namens Elesar Ltd. ein Board namens Titanium entwickelt hat. Basierend auf dem bekannten Dual-Cortex-A15-OMAP AM5728 von TI legt es etwas andere Schwerpunkte als die Konkurrenz. 2 GB RAM, sechs USB2.0-Host-Anschlüsse (plus zwei interne), 2x DVI-I, 2x Gigabit Ethernet, 8 MB interner Flash-Speicher, 2 serielle Ports und vier SATA-Ports lautet die interessante Mischung. Das Ganze in einem ATX-kompatiblen Package, mit I/O Shield zum Einbau in Standard-ATX-Gehäuse.

Der m.E. noch interessantere Teil der Nachricht: man macht sich nicht nur um Hardware Gedanken, sondern auch um Software. Piccolo Systems (zu Deutsch: Ben Avison) hat sich um eine anständige Treiberschicht für S-ATA gekümmert. Ein Meilenstein in der RISC OS-Geschichte, wenn wirklich das alte IDE-Gefummel in ADFS endlich abgelöst werden kann. Und wenn dadurch CDVDBurn tatsächlich mal mit „full speed“ des Brenners arbeiten könnte.

Nun gibt es also vier „Bewerber“ um den Preis „schnellste RISC OS-Hardware“, die allesamt auf dem TI OMAP5 basieren:

  • ISEE IGEPv5
  • TI OMAP5432 EVM
  • BeagleBoard-X15
  • Elesar Titanium

Hardware Overload. Gewisse Eigenschaften des Titanium-Boards lassen auf RISC OS-Herkunft schließen: das verhältnismäßig kleine interne Flash-ROM, die zusätzlichen 2K EEPROM, die geradezu „CMOS“ schreien. 2 GB RAM als größte sinnvolle Speichermenge, mit der RISC OS umgehen kann. Und tatsächlich: hinter Elesar Ltd. steckt niemand anderes als Robert P. Sprowson, auch als „Sprow“ bekannt.

Bin gespannt, was für Eindrücke von/nach der RISC OS London Show eintrudeln.

Zero Page Relocation – Gedanken zur Rückwärtskompatibilität

RISC OS steht (zumindest auf den modernen post-Risc PC-Plattformen) vor einem erneuten Schritt, der potenziell Schmerzen bei der Rückwärtskompatibilität verursachen wird. Hier kann man die Gründe, die RISC OS Open Ltd. dafür anführt, nachlesen. In der GAG-News 141 wurde ebenfalls ein Artikel dazu veröffentlicht.

Kurz zusammengefasst geht es um den Speicherbereich der ersten paar KB, der traditionell „Zero Page“ genannt wird und z.B. „Kernel Scratch Space“ beinhaltet und die Prozessorvektoren. Und natürlich die Adresse 0, beliebtes Ziel aller nicht initialisierter Pointer der systemunabhängigen Assemblersprachen (vulgo C und Konsorten).

Die Development-Builds seit dem 5.Juli haben die Zero Page nun in den hohen Speicherbereich verschoben und für Userspace-Code unzugänglich gemacht. Alle Software, die absichtlich oder unabsichtlich auf die Zero Page, wir sich mit einem Data Abort verabschieden. Bzw. das wäre der Fall, wenn nicht gleichzeitig eine Analyse- und Logging-Modul namens „ZeroPain“ aktiv ist. Dieses beantwortet Lesezugriffe in einer kompatiblen Art und Weise und loggt gleichzeitig diese Zugriffe, um dem Softwareentwickler eine Analysemöglichkeit an die Hand zu geben. Wenn es nach dem veröffentlichten Fahrplan geht, wird ZeroPain ab 1.1.2016 nicht mehr zur Verfügung stehen.

Historisch betrachtet gab es bei RISC OS schon einige Zäsuren bezüglich der Rückwärtskompatibilität, und einige Utilities, die versuchten die Rückwärtskompatibilität wieder zu verbessern oder gar vollständig wiederherzustellen. Von RISC OS 2 nach RISC OS 3 gab es einige Verwerfungen, zum einen aufgrund der althergebrachten Home-Computer-Entwicklungsidee „direkt auf die Hardware“, die an einem großflächigen Wechsel der Peripherie-Chips zerschellte (6551 nach 8250, ST506 nach IDE, 1772 nach 82C710/11). Dann diverse Unterschiede zwischen den Betriebssystemversionen selbst – einige APIs erfuhren subtile Änderungen, und wer nicht genau nach Spec implementiert hatte, wurde kalt erwischt.

Dann kam der Risc PC. Wieder gravierende Änderungen in der Chipsatzlandschaft, dazu ein umgekrempeltes Videosystem um die neuen Grafikfähigkeiten abzubilden. Zig Spiele scheiterten aufgrund der Änderungen des VIDC20 gegenüber dem VIDC1. Game On!, eine Software des ARM Club, stellte einen VIDC1-Kompatibilitätslayer zur Verfügung.

Bis zu diesem Zeitpunkt konnte man mit Fug und Recht behaupten, dass Kompatibilitätsprobleme halt durch unfähige Programmierer zustande kamen – die Doku nicht richtig gelesen, die Hardware direkt angesprochen – selber schuld.

Und dann wurde alles anders. Der StrongARM kam. Harvard- statt von-Neumann-Architektur beim 1st level cache und Writeback- statt Writethrough-Konfiguration, was selbstmodifizierenden Code aus der Bahn warf. 5-stufige statt 3-stufige Pipeline mit subtilen Änderungen beim Verhalten des PC. Und dazu der dramatische Geschwindigkeitsboost, der so manche Software aus dem Takt brachte. Dagegen war dann der Schritt RISC OS 3.7 nach RISC OS 4 ein Kindergeburtstag. Viele Softwarehersteller nutzten die Gelegenheit und machten mit Minimalupdates zur Herstellung der StrongARM-Kompatibilität zum letzten Mal Kasse. Mit StrongGuard des ARM Club stand eine Lösung für Spiele zur Verfügung, für Anwendungen gab es so etwas nie.

Aber die größte Zäsur kam erst danach. Von 26bit nach 32bit. Der IYONIX kam, dazu RISC OS 5, und das Ende des „legacy“ 26bit-Adressmodus. Im Prinzip lief danach – außer den reinen BASIC-Erzeugnissen – keine Software mehr. Der geniale Aemulor linderte den Schmerz etwas, aber die Kompatibilität war begrenzt und die Anwesenheit von Aemulor im System hat diverse Nachteile für den regulären Betrieb.

Dann kam das BeagleBoard, und mit ihm die ARMv7-Architektur, wo ARM mal wieder das „nicht-ganz-rückwärtskompatibel“-Spiel spielte. Da das aber nur die relativ selten auftretenden „unaligned loads“ betraf, hielt sich der Schaden in Grenzen – solange der Benutzer die „Alignment Exceptions“ abschaltete. Was uns wieder zur „ZeroPain“ führt, das ja letztlich denselben Ansatz fährt: Verstöße stillschweigend dulden.

Nun also „Zero Page Relocation“. Die Frage lautet wie immer: ist der Gewinn (durch höhere Systemstabilität, für mehr Freiheitsgrade für zukünftige Entwicklung) größer als der Verlust (Software läuft nicht mehr)? Die Antwort liegt vermutlich im Auge des Betrachters – setzt man unersetzliche Software ein, die dann nicht mehr läuft? Es gibt ja nun nicht besonders viele aktive RISC OS-Nutzer (geschweige denn -Entwickler), kann es sich die RISC OS-Welt leisten auch nur einen davon zu verlieren?

Ich muss gestehen: ich habe keine klare Meinung dazu. Endlose Rückwärtskompatibilität führt zu endlos steigenden Aufwänden, was sich ein System wie RISC OS, das nur wenige Entwickler hat, nicht leisten kann. Aber die Anwendersicht hat natürlich erhebliches Gewicht: was soll man mit einem System, das keine Nutzer mehr hat?

Aus meiner Sicht kann es nur einen Ausweg geben: wir brauchen in Zukunft eine wasserdichte Emulationslösung, die solche rückwärtskompatibilitätsbrechende Änderungen abfedert. Im Moment haben wir einen ganzen Zoo von Lösungen: ArcEm, ArchiEmu, ADFFS und Aemulor. Alle haben ihre Nischen und spezifischen Vorteile, sind aber allesamt für den Otto-Normalanwender viel zu kompliziert zu benutzen, bzw. dadurch ausgelöste Effekte sind nicht zu durchschauen. Es bräuchte eine modulare Lösung, zu der auch „normale“ Entwickler beitragen können. Mir schwebt eine Art Hypervisor vor, in den man anwendungsspezifisch Kompatibilitäts-Handler einbauen kann, die z.B. bei SWI-Aufrufen wieder Kompatibilität herstellen können. Dazu muss pro Anwendung entschieden werden, ob sie codetechnisch nativ oder emuliert ausgeführt werden soll. Vollständige Emulation mit einer beliebigen RISC OS-Version muss möglich sein, die Fenster der Anwendung der Emulation müssen in das Host-Betriebssystem „seamless“ eingebunden werden können. An der Prozessorkompatibilitätsfront könnte sowas wie LLVM durchaus helfen.

Was natürlich auch helfen würden: Open Source allüberall. Wird wohl nicht passieren, und braucht dann ja auch eine Menge Kümmerer, die die Software dann pflegen.

BeagleBoard-X15 startet im November

Es gibt mal wieder Neuigkeiten von dem Board, das RISC OS-technisch den High-End-Bereich etwas preiswerter abdecken könnte als das ISEE IGEPv5, das demnächst von CJE Micro’s als fertiges System verkauft werden soll.

Es gab ja schon einige Verzögerungen, ursprünglich wurde im Oktober 2014 ein Release im Februar 2015 angekündigt. Jetzt also November. Und leider ist auch der Preis gestiegen: von den ursprünglich angepeilten 199 US$ auf nun 248 US$ bei Digi-Key. Das ist nun leider nicht mehr weit entfernt von der Lite-Version des IGEPv5, aber mit 2 GB RAM und 2xGigabit Ethernet ist man etwas besser ausgerüstet. Dazu 4 GB Flash on board, 3 USB3.0-Hostanschlüsse und powered eSATA. Und einen anständigen HDMI-Anschluss – das microHDMI-Ding am IGEPv5 ist doch sehr fitzelig und strahlt nicht unbedingte Solidität aus.

Die offizielle Support-Seite bei eLinux.org spricht von 2000 Boards, die im ersten Batch gefertigt werden und die ab 15. November bei den Distributoren verfügbar sein sollen. Auch auf beagleboard.org kann man jetzt Infos zum X15 finden.

Hoffentlich ist die Anpassung des IGEPv5-Ports kein größeres Problem.

Vorherige Artikel zum BeagleBoard-X15: